Ich war heute Nachmittag an der Scholz-Orgel in St. Bartholomäus in Niederkrüchten. Am 12. November werde ich dort ein Konzert spielen. Ein feines Konzept. Ich wünsche meinem Kollegen Volker Mertens, daß die noch fehlenden Register rasch eingebaut werden, denn ihr Fehlen schmerzt: sie würden das Klangbild noch origeneller machen.
Mir gefällt der renaissanceartig flache Corpus der Orgel und die Art, wie sie in den Doppelbogen eingepasst ist. Die elegante Lösung läßt fast nicht mehr erkennen, wie komplizert die Lösung mir vor dem Bau erschienen war.
Die Rheinische Post berichtet heute in einer „Kurzkritik“ über das Konzert vom Tag der Deutschen Einheit mit dem Altenburger Trompetenensemble und mir an der Orgel.
Wenn innerhalb einer deartigen Rezension eine Interpretation mit „berührend“ gewertet wird, freut mich das mehr, als ich öffentlich zugeben würde.
Heute findet das vorletzte Konzert der Jahresreihe 2017 in St. Remigius statt, mit Pauken und Trompeten und Orgel, genauer: mit dem Altenburger Trompetenensemble unter Leitung des wunderbaren Dirk Wittfeld. Weil wir diesmal wegen ihrer Symphonik und Mehrmanualigkeit die Hauptorgel brauchen, wählten wir ein ungewohntes Setting: Das Konzert findet in der Seitenkapelle an der Pietà statt. Trotz der fehlenden unmittelbaren Nähe ist die nötige Kommunikation zwischen den ebenerdig musizierenden Kollegen und mir hinreichend möglich - hier zahlt sich die relativ geringe Höhe der Orgelempore aus. Wir hatten innerhalb der Jahreskonzerte ein ähnliches Setting schon mal, und es hat sich als tragfähig erwiesen.
Mein Dank gilt dem unermüdlichen Thorsten Büschkes, der auf die doch recht kurzfristig beschlossene Änderungen im Setting flexibel reagierte und auch im ungewohnten Seitenraum mit seinen Scheinwerfen die nötige Atmosphäre schafft.
Traurig und bestürzt höre ich, daß mit Christian Heitkamp aus Visbek am Sonntag ein weiterer liebenswerter Weggefährte und Kollege 50-jährig verstorben ist. Ich war nie so naiv, relative gesundheitliche Robustheit und die Stabilität von Lebensumständen ganz allgemein anders als brüchig zu erachten; dennoch häufen sich dieses Jahr in meinem Umfeld Todesfälle derer, die ich für zu jung zum Sterben halte in bedrückendem Ausmaß.
So langsam beginnt der Endspurt für das Konzert am 5. November - sowohl musikalisch als auch in der Planungslogistik. Der Chor ist in den Proben in freudiger Anspannung, und diese Zeiten unmittelbar vor solchen Herausforderungen sind in meinem Erleben immer besonders fruchtbar.
Jedes Jahr freue ich mich auf die Zeit um die Tag-und-Nacht-Gleiche, in der der Spätsommer in den Frühherbst übergeht, in der der wilde Wein an unserem Haus sich erst gelb und dann feuerrot verfärbt. Die Sonne hat ihre Aggressivität verloren, wärmt aber noch genügend. Genau richtig, um mit einer Chambord-Kanne im Garten zu sitzen oder spazieren zu gehen.
Leider ist für mich momentan derart viel zu tun (die kommenden Konzerte im Oktober und November erfordern es), daß sich meine Ausflüge in die Natur ganz ohne Muße auf Heimfahrten mit dem Fahrrad beschränken müssen. Dennoch - mit dem Rad hat man, so erlebe ich es seit meiner Kindheit, am Niederrhein die schönste Landschaftserfahrung, und ich hoffe, daß es wie im letzten Jahr noch lange warm und trocken genug bleibt.
Leider treten in jüngster Zeit immer wieder Störungen bei meinem ansonsten sehr geschätzten Webhoster auf, so daß diese und andere meiner Seiten häufig nicht erreichbar sind. Das ist ärgerlich, meinerseits aber nicht zu ändern. Ich hoffe, daß sich das rasch substanziell ändert.
Heute noch Probe und eine Sondermesse mit einem kleinen feinen Projektensemble (ich spiele recht gerne auch mal E-Piano), bevor es nach Rom geht. Ich bin froh, daß wir mit dem Chor in Rom so gut werden singen können, auch im kleinen Rahmen wird die Messe in den Katakomben gut werden.
Unmittelbar nach der Rückkehr wartet gleich die nächste Aufgabe in St. Notburga, und ich danke Juliane Coolen und Martina Nisters schon jetzt sehr für die so spontan erklärte Bereitschaft, am Sonntag die Soli zu singen.
Ein Fremdenführer wies mich gestern auf das Duisburger Kunstwerk Rheinorange von Lutz Fritsch hin, ein rechteckiger, 25 Meter hoher und 7 Meter breiter monochromer Quader am Rhein, den ich klar mit einer glühendem Stahlbramme assoziieren kann. Dem reichlich spöttischen Unterton meines Gegenübers zum Trotz finde ich das Kunstwerk außerordentlich faszinierend, insbesondere bei Nacht.
Erhellend, Dichter ihre Werke lesen zu hören: Die Stimmen sind nicht unbedingt wohlklingend, aber Paul Celan gibt ein Beispiel, wie man gesprochen mit dem Enjambement umgehen kann und Marie Luise Kaschnitzbeantwortet die Frage, wie beredt das Ende des nicht Gesagten im Raum stehen soll.
Wir haben heute Einschulungsgottesdienste für alle sechs Grundschulen des Bereichs. Mir scheint, die Bedeutung der Einschulung als Statuspassage wird in den Familien immer höher eingeschätzt, die Feiern dazu immer aufwändiger.
Der Tragophil konnte mich heute überzeugen, nachdem ich ihm eine Weile am Flügel des Remigiushauses zugehört hatte: Das Projekt Rock das Gotteslob könnte Gestalt annehmen.
Langsam beginnt nach den Ferien der Normalbetrieb. Die Chöre proben wieder, das Programm für die nächsten Wochen ist bereits turbulent (Gemeindefest St. Marien, Gregorianik und Patrozinium in St. Notburga). Außerdem steht die Romfahrt an.
Ich habe mit der Rektorin der Körnerschule für dieses Schuljahr ein fächerübergreifendes Musicalprojekt angedacht, es würde mich sehr freuen, wenn das wie geplant verwirklicht wird.
Am Dienstag verstarb meine liebe Rheydter Kollegin und Regionalkantorin für den Bereich Mönchengladbach Beate Opitz, mit der mich ein sehr kollegiales Verhältnis verband: Noch im letzten Jahr hatte ich mit meinem Chor dort einen Gottesdienst gestaltet und ein Orgelkonzert gegeben. Und sie hatte im Juni ihrerseits einen Gegenbesuch gemacht, es gab eine sehr bereichernde Begegnung der Chöre nach dem Gottesdienst in der Viersener Josephskirche.
Ich erinnere mich an einen großartigen Abend mit ihr, ihrem Mann, meiner (inzwischen ebenfalls verstorbenen) Schülerin Christiane Leuchtenberg und Manfred Riethdorf in einer exzellenten Pizzeria in Mönchengladbach, wo wir uns sehr frei und offen kollegial austauschten.
Mein bevorzugtes Content-Management-System ist die php-getriebenen Software Processwire, mit der ich bereits mehrere Seiten aufgesetzt habe. Sie erfüllt meine Bedürfnisse an Content Management, indem sie äußerst flexibel und dennoch in der Bedienung intuitiv genug ist.
Die sich in der Netzwelt immer lauter formulierende Forderung nach Generatoren statischer Seiten kann ich inhaltlich gut nachvollziehen - Sicherheit und Schnelligkeit zum Beispiel sind stichhaltige Argumente. Dennoch konnte ich mich trotz einiger Testläufe nie für ein System erwärmen.
Gestern nun stieß ich auf Publii, einer Desktop-Software zum Erstellen von html-Seiten, die auf Knopfdruck mit dem Webspace (Amazon S3, Github oder FTP) synchronisiert werden. Publii ließ sich problemlos installieren (bei mir auf dem Mac) und läßt sich sehr einfach und interessant an, wenngleich der Ansatz etwas „blogcentric“ ist (und dann lediglich Disqus-Unterstützung bietet). Ich bin gespannt, ob es sich zu einer Alternative entwickeln kann.
Homo Mensura: Es ist schon eine Weile her, daß ich mir das Projekt ORGAN²/ASLSP in Halberstadt angesehen und -gehört habe. Das Stirnrunzeln derer, die mich begleiteten, war (mir) gewiss. Ein Kuriosum, so befand man, ein abgedrehtes, unsinniges Unterfangen (es gab noch andere Attribute, die ich hier nicht zitieren werde).
So fremd aber Cages Vorstellung einer sinnlosen Kunst ist („Think of my art as nonsense”, schreibt Cage; das, was er verstehe, langweile ihn), und so eigenartig die Idee einer zufallsbasierten Kunst ohne Ziel und Botschaft anmutet, so überaschend substanzreich wird sie, wenn man sie einfach nur hört.
Dazu freilich sprengt Halberstadt die Dimension: Kein Mensch wird dieses Werk in Halberstadt in Gänze hören können. Und diesen Gedanken finde ich, fern von religiösen Deutungen, faszinierend: etwas beginnen und bauen, in dem Bewußtsein, daß es meine Dimension und Horizont sicher übersteigen wird. Niemand, der zur Zeit der Gotik eine Kathedrale zu bauen begann, hat das Endergebnis gesehen; die Bauphase war länger, als ein Menschenleben dauert. Man entwarf einen Bau mit der Perspektive, daß kein Zeitgenosse die entworfene Räumlichkeit erleben würde. Hätte man damals anders gedacht, gäbe es heute keine gotische Kathedralen.
Das Gleiche in anderer Hinsicht: In Vezelay war ich beim Anblick der berühmten Kapitelle zunächst enttäuscht. Sie liegen einfach zu hoch, vom Kirchenschiff aus jedenfalls erschließt sich das Programm dahinter nicht. Und einen anderen Standort wird man kaum einehmen können, erst recht nicht der Betrachter im Mittelalter. Die Frage der Rezipierbarkeit spielte für die Erbauer im 12. Jahrhundert ganz offensichtlich keine Rolle. Dennoch schufen sie zeitlose Kunst.
Ein Gegenbild dazu: In Viersen begegnet mir in der Grabeskirche (2012) eine im Verhältnis zu den Kapitellen genau umgekehrte Lösung. Vom Boden aus gesehen ist die Beleuchtung perfekt, die Draufsicht allerdings ist bar jeden ästhetischen Werts - ich habe das Photo von der Orgelbühne aus gemacht. Nur die vom erwarteten und alltäglich möglichen Standort eingenomme Sicht ist für den Gestalter relevant.
Ich bezweifle, daß Cage es intendiert hat - der Wert des Symbols in Halberstadt aber bleibt, und er ist in meinen Augen gerade in einer auf Effizienz bedachten, unter Optimierungs– und Rationalisierungsdruck stehenden Gesellschaft groß.
Ich hatte heute die Möglichkeit, ausführlich ein Faksimile des Codex Gisle, eine prachtvolle diastematische gotische Handschrift mit den Meßgesängen, zu studieren. Namensgeberin war die Äbtissin Gisela von Kerssenbrock um 1300, unter deren Auftrag das Werk erstellt wurde. Das Theomag veröffentlichte eine längere Besprechung des Faksimile. Welch eine Kultur! Unglaublich schön.
Im Internet finden sich diverse Bilder, beispielsweise auch eines des Introitus von Pfingsten. Die diastematisch gesetzen Neumen, die sich schon von ihrer ursprünglichen Funktion als rhythmisch-agogische Hinweiser gelöst haben, sind wohl für jeden problemlos als Vorläufer unserer heutigen Notenschrift zu identifizieren.
Willkommen in der Senffabrik. Wichtiger als den Satz „Paul Gerhard statt NGL“, der die falsche Quintessenz darstellen würde, finde ich die Forderung nach der Musik angemessenen Aufführungsformen: Was einer Band bedarf, soll auch damit verwirklicht werden. Und: wir brauchen eine Qualitäts-, keine Stildebatte. Angesichts so vieler schlechter NGL läuft die Diskussion manchmal in die falsche Richtung.
Ich wurde heute beim Viersener Live-Escape-Game Team Exit in Viersen nicht ganz überraschend beschuldigt, mit meinem Patenkind Theresa, deren Mutter (einer Kollegin) und meiner älteren Tochter an einem Banküberfall beteiligt gewesen zu sein, und wir sind völlig unschuldig im Knast gelandet. Glücklicherweise haben wir es - sieben Minuten vor der endgültigen Urteilsverkündung - geschafft, die wahre Geschichte aufzudecken und unsere Unschuld zu beweisen.
Nach vollbrachter Flucht und anschließender Stärkung spielte Theresa mir noch den Beginn der berühmten Toccata aus der Orgelsymphonie V von Charles Marie Widor vor, … allerdings … auf ihrer Ukulele.
Langsam gleitet die Arbeit Richtung Sommerpause. Eisessen mit dem Kinderchor, eine letzte Runde Klavier-und Orgelschüler vor den Ferien. Bei der Probe gestern abend englischer Jazzkanon statt lateinischer Mozart und Abschluß im „Viersener Bermudadreieck“ (an Begriff und Erscheinungsbild des Schattodrom muß ich mich noch gewöhnen). Vertretungspläne für die Ferienzeit schreiben. Besprechung für die Chorfahrt nach Rom im September. Vorbereitungen für den Workshop im November. Eine bestellte Notenlieferung anmahnen. Ein besorgter Blick auf die neun Orgeln der Pfarre, die unter der Hitze etwas ächzen. Am Freitag dann noch ein recht arbeitsreicher Tag mit vielen Beerdigungen und Schuljahresabschlußgottesdiensten der Grundschulen. Abends dann Chor-Grillen, wie es Tradition ist.