Thorsten Konigorski

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Nachlese

Probe

Probe

Ich bin allen Mitwirkenden des Konzerts gestern außerordentlich dankbar. Allen voran Chor und Solisten, aber auch dem Orchester unter Vermittlung der seit Jahren großartig zuverlässigen Ania Kaiser.

Mit der Aufführung endete für den Chor eine ungewöhnlich lange, intensive Vorbereitung. Denn ursprünglich hatten wir das Konzert für das Remigiusfest im Oktober 2018 angesetzt, die vorgezogene Renovierung der Remigiuskirche hatte aber die Verschiebung notwendig gemacht. Dabei habe ich insbesondere Mozarts Vesperae solennes de confessore KV 339 – wie es mir häufig mit den aktuellen Chorstücken ergeht – im Laufe der Vorbereitung noch mehr zu schätzen gelernt, als ich es ohnehin schon tat. Ein Werk, das exemplarisch zeigt, wie Musik satzübergreifend gedacht, komponiert wird. Wohlklang, Ebenmaß und Lieblichkeit des berühmten und oft solitär aufgeführten Laudate dominum beispielsweise gewinnen eine ungleich größere Tiefe, wenn es im Kontext der anderen Psalmen erklingt, konkret: nach dem herben, schon von den Zeitgenossen sicher als archaisch empfundenen Charme der nach harmonisch recht statischen Passagen über eine geradezu eruptive Amen-Sequenz in einen terzlos-leeren d-Klang mündenden Laudate-pueri-Fuge.

Es gab eine Reihe von Hürden für den Chor. Neben den üblichen musikalischen Klippen ist hier unbedingt der Text zu nennen. Er sorgt wegen der lateinischen Sprache für einen subjektiv nur mittelbaren inhaltlichen Text-Ton-Bezug, und es handelt sich obendrein über weite Strecken um einen dem vornehmlich mit Ordinariumsvertonungen vertrauten Chorsänger eher fremden Text. Musikalisch-ideell vorwiegend im 17. Jahrhundert verwurzelt, ist das Mozart-Repertoire des Remigiuschores im Vergleich zu vielen anderen Kirchenchören verhältnismäßig schmal. Als größeres Projekt hatten wir bisher lediglich das Requiem im Programm. Es war also viel zu tun und ein hartes Stück Arbeit.

Mit diesem Konzert ist auch die Reihe der Chorprojekte in St. Remigius unter meiner Leitung beendet. Der Chor hatte deshalb einen an das Konzert anschließenden Empfang vorbereitet, und es gab ein Ständchen der Instrumentalisten; beides hat mich sehr gerührt und erfreut.

Während der Proben mit unserer Konzertmeisterin Chisato kamen mir, mittels ebenso diplomatischer wie klarer Ansagen um angenehme Arbeitsatmosphäre und musikalische Qualität gleichermaßen ringend, wiederholt Aussagen eines Interviews in den Sinn, das sie zusammen mit dem estländischen GMD Mihkel Kütson an Silvester der Rheinischen Post gegeben hatte und das mich amüsiert hat. Darin zeigt sie sich „überrascht, wie direkt die Menschen hier sind“, und Kütson stellt die These auf: „Ein niederrheinisches Ur-Gestein wäre ein schlechter Orchesterleiter“. Nun, ich bin zwar ganz sicher kein Urgestein, aber durch und durch niederrheinisch (oder, mit Worten Hanns Dieter Hüschs: Meine Musik ist niederrheinisch / Der Niederrhein ist meine Musik / All meine Religiosität / ist niederrheinisch / Aber wenn du mich fragst Warum / könnt ich als schwarzweiße Kuh / auf den Feldern um Kerken liegen / und die Aussage verweigern *). Daher möchte ich – völlig jenseits der Frage nach der Qualität meiner Leitung – zum Ausdruck bringen, wie bewegend für mich gerade die Tatsache ist, daß wir gestern in Chor und Orchester Vertreter einer Vielzahl von Nationen und regional reprägter Mentalitäten künstlerisch vereint sahen. Die Musik verbindet uns - wirklich.

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