Klangschönheit und Intensität bestachen
Ein Kleinod, dem in Kirchenmusikkreisen viel zu wenig Beachtung geschenkt wird und das in Programm geistlicher Konzerte so gut wie nie auftaucht, stellte Kantor Thorsten Konigorski in der gut besetzten Remigiuskirche vor: Joseph Haydns „Stabat mater” für vier Solisten, Chor und Streichorchester (erweitert durch zwei Oboen beziehungsweise Englischhörner) bildete den Abschluss der Feierlichkeiten zum 150-jährigen Bestehen des Kirchenchores „Cäcilia” an St. Remigius.
Das 13-teilige Werk entstand 1767, ein Jahr, nachdem Haydn – seit 1761 als Vizekapellmeister in Diensten des Fürsten Esterhazy – auch die Zuständigkeit für die Kirchenmusik am Hofe übertragen worden war. Die lichte Frömmigkeit, die schnörkellose Schlichtheit und die eingängige, trotz des ernsten Textes melodienselige Tonsprache der gut einstündigen Komposition fesseln vom ersten Augenblick an.
Hervorragendes Zusammenspiel
Konigorski stand mit federndem, unaufdringlichem, dabei äußerst präzisem Dirigat seinen ihm bereitwillig folgenden Mitstreitern vor. Das waren das „Sinfonische Collegium Essen”, das sich in akkuratem Wohlklang und hilfreicher Begleitfunktion immer einig war und die (die viel beschworene „Weggemeinschaft” praktizierenden) Kirchenchöre an St. Remigius und an St. Notburga Viersen. Mit ausgeglichener Klangschönheit, klarer Diktion und farbenreicher Intensität machten die Vokalisten deutlich, was chorisches Zusammenwirken, fern aller Kirchturmspolitik, zu Wege bringt.
Wesentlichen Anteil am guten Gelingen hatten die Solisten. Alleine das eindringlich gestaltete Duett „Sancta mater, istud agas” lohnte den Besuch dieses Kirchenkonzertes. Anja Dewey (Sopran) und Walter Drees (Tenor) boten mit makelloser Stimmführung, einnehmendem Timbre, Koloratur– und Höhensicherheit eine Lehrstunde vokaler Kultur. Irmgard Lebherz entsprach diesem hohen Standard nicht ganz: Ihr großvolumiger Alt wirkte vor allem in der zweiten Arie allzu opernhaft. Die Basspartie war mit Volker Mertens zuverlässig besetzt. Untadelige Homogenität zeichnete die Soloquartette aus.
Reicher Beifall für eine bemerkenswerte geistliche Stunde.
Rheinische Post vom 13. September 2000.