Heute war ich in der Eifel, um eine 2007 erbaute Feldkapelle des Schweizer Architekten Peter Zumthor zu besuchen, der auch das Kölner Kolumba-Museum entworfen hatte. Beeindruckend: das Spiel zwischen äußerer Betonhülle auf der einen und durch verbrannte Fichtenstämme geprägte Innengestaltung auf der anderen Seite. Ich habe einige Fotos auf Cor.am gepostet.
Gestern gab es „Sieidi“ in der Viersener Festhalle, ein Konzert des finnischen Komponisten Kalevi Aho für Perkussion und Orchester mit dem wunderbaren Interpreten Martin Grubinger und der Dresdner Philharmonie. Standing Ovations, die Martin Grubinger zweifellos verdient hat. Es gibt ein Youtube-Video mit ihm und diesem Stück.
So sehr ich das Stück aber auch genossen habe (jedenfalls mehr als die in meinen Ohren deplazierte Brahms-Zugabe des Orchesters ganz am Ende): es hinterläßt wegen seiner Heterogenität und streckenweise dann doch großer Gefälligkeiten einen eher zwiespältigen Eindruck bei mir.
Mein allerliebstes Werkzeug. Ich habe im Lauf der Zeit viele Orgeln gespielt, aber keine bedeutet mir so viel wie diese, keine ist mir in ihrer Einseitigkeit so vielseitig.
Neulich spielte dort ein Gast den zweiten Satz aus Schuberts Klaviersonate Nr. 20 D 959, also überhaupt nicht der französische Stil der WOEHL-Orgel, ja nicht mal original Orgelmusik. Und es war wunderbar.
Ich bin auf der Suche nach editierten Transkriptionen dieser Sonate, meines Wissens gibt es keine. Heute habe ich begonnen, den ersten Satz für Orgel zu setzen.
Ich bastele an einer Webmentions-Unterstützung für diese Webseite. Mindestens den POSSE-Gedanken aus dem IndieWeb halte ich für charmant, auch wenn er in der Wirkung die Relevanz kommerzieller sozialer Netzerke nicht oder nur teilweise in Frage stellt. So zielführend die Seite-zu-Seite-Vernetzung inklusive der Möglichkeit gegenseiter Bezugnahme für diesen Zweck ist: es fehlt dann noch viel, zu allererst das Zusammenaggregieren in eine Zusammenschau, das, was bei Facebook und Twitter mal die Timeline war, bevor Algoritmen die Veröffentlichungszeitpunkte von Posts als Ordnungskriterium zugunsten nebulöser werbeoptimierter Zusammenhänge ablösten.
Es gibt zu diesem Zweck eine ganze Phalanx von Feedreadern und .php-Systemen etc. im Netz, sogar wenig komplizierte. Der Aufwand aber, den man betreiben muss, um annähernd die Bequemlichkeit Facebooks zu erreichen, veranschaulicht einerseits deutlich die technische Leistung der Facebook-Entwickler, andererseits erklärt es auch die Trägheit der User bei der Alternativensuche.
Wie groß ist wohl schon die Abhängigkeit derer, die zur Ware von Facebook & Co. geworden sind (— mich eingeschlossen)? Oder auch: Was wäre es den Usern, en gros, wohl wert, würde Facebook sich nicht mehr über Werbung, sondern Kostenbeiträgen finanzieren?
Ich habe – beruflich verletzungsbedingt derzeit ausgebremst – die Vorgängerseite unter Cor.am überarbeitet und mit einigen Fotos bestückt. Für mich eine Premiere: ich nutze dazu erstmalig kein selbstgebautes, sondern, scnr, ein vorgestanztes, horizontal zu scrollendes Template von AJ.
Das Jammern um Facebook ist für mich umso unverständlicher, als es heute leicht, sehr leicht ist, ein Weblog aufzusetzen. Angesichts der hässlichen Komplexität Facebooks kann Einfachheit jedenfalls kein Argument sein. Das Aggregieren dessen, das mich interessiert ist da schon etwas komplexer. Es wird dennoch Zeit, das Netz wieder auf die Füße zu stellen, daß User User und nicht Ware sind, und diejenigen, die Content generieren auch dessen Eigentümer bleiben.
Wenn am Ende der Osternachtsfeier in St. Remigius die lateinischen Osterlaudes gesungen werden und der Organist genau in dem Moment, in dem die Choralschola die Benedictus-Verse Sicut locutus est per os sanctorum, qui a saeculo sunt, prophetarum eius intoniert, in die Begleitung wie zufällig als neue Klangfarbe ausgerechnet die Voix humaine mischt, ist das für mich, singend, ein überzeitlicher Moment.
Der heute in der Rheinischen Post erschienene Bericht zur Passionsmusik am vergangenen Sonntag irritiert mich, weil er objektiv Fehler enthält: Selbstverständlich habe ich die Eröffnungssonata des Kantatenzyklus dirigiert, und diese war auch korrekt mit zwei Barockviolinen und Continuo instrumentiert. Offensichtlich ist dem Autor vollkommen entgangen, daß dem barocken Werk eine „Lachrima“ des Renaissancekomponisten John Dowland vorgeschaltet war, wie es auch im Programmheft ausgewiesen war.
Tobias Kölling erinnerte rechtzeitig vor der Aufführung des Kantatenzyklus „Membra Jesu Nostri“ am gestrigen Sonntag an einen wichtigen Schlüssel zum Verständnis des Werks. Buxtehude besingt die Körperteile des Gekreuzigten nach dem a capite ad calcem (svw.: „vom Scheitel bis zur Sohle“) genannten, der mittelalterlichen Vagantenlyrik und antiken Poesie verpflichteten Prinzip (allerdings in Umkehrung der vertikalen Raumsemantik). Tobias schreibt:
An Palmsonntag hat Thorsten ein Konzert mit besonderem Konzept auf dem Programm: sieben Kantaten beschreiben nacheinander Körperpartien des gekreuzigten Jesus. Es beginnt mit den Füßen und endet beim Gesicht. Da steckt natürlich viel Theologie drin (man arbeitet sich ja nicht nur aufwärts sondern auch nach innen, vom körperlichen letztlich ins seelische).
Vor allem aber ist es eine verblüffende Parallele zu etwas anderem: Minnesänger besaßen als Grundgerüst für ihre Lieder über eine unerreichbare Angebetete genau dasselbe Konzept. Sie fingen bei den Füßen an und beschrieben in einem Lied den gesamten Körper der Verehrten streng aufwärtsstrebend. Somit ist das Konzert am diesem Sonntag auf gewisse Weise auch das: eine Liebeserklärung.
Ich freue mich sehr über diesen Vorbericht der RP zu „Membra Jesu Nostri“ — allerdings frage ich mich, warum die Namen der Ausführenden nicht genannt werden:
Ich war heute mit Literaturstudentin Rebecca Dormels bei dem Gambisten Lutz Heiwolt, der ja in St. Remigius bereits häufiger zu hören war. Die „Rheinische Post“ wird einen Vorbericht zur Aufführung von Membra Jesu Nostri am Palmsonntag erstellen und möchte die verwendeten historischen Instrumente portraitieren.
Gestern stach mir dieses BildWilli Kaisers ins Auge. Er ist einer meiner Vorgänger im Rintgen (je mehr Pfarreien fusioniert werden, und je größer das Gebiet meiner Tätigkeit mithin wird, desto zahlreicher sind auch meine Vorgänger).
Ich erinnere mich gut: es war die Zeit kurz nachdem das Kantorat der Josephskirche auf mich fiel, als eine Frau anrief und erläuterte, sie sei „die Tochter von Kaiser Wilhelm“. Ich musste – verwirrt durch die hierzulande heute nicht mehr übliche Namensinversion – schwer an mich halten, nicht unangemessen frech zu entgegnen, daß mein Vater der Kaiser von China sei.
Ihre Sorge galt der viermanualigen Klais-Orgel der heutigen Grabeskirche, die im Jahre 1935, also in der Amtszeit ihres Vaters, erbaut worden war, und deren Erhalt sie nun irrtümlicherweise gefährdet wähnte. Dabei haben wir sie wenig später komplett restaurieren lassen, so daß sie zu meiner großen Freude bis heute treu und substanziell vollkommen unangetastet ihren Dienst tut.
Es gibt verhältnismäßig wenige Klais-Instrumente aus dieser Zeit – am Scheitelpunkt zwischen romantischem und orgelbewegtem, „neobarockem“ Orgelbau. Nicht, daß ich ein großer Freund von Klais-Orgeln im allgemeinen oder der Ästhetik der Orgelbewegung wäre - es ist der unverfälschte dokumentarische Wert, den dieses Instrument auszeichnet. Es ist darum unbedingt erhaltenswert. Von den auf der Opusliste von Klais aufgeführten Klais-Orgeln in (Alt-)Viersen ist heute nur noch diejenige in St. Joseph erhalten.
Aus aktuellem Anlass wandte sich Serge Schoonbroodt gestern leidenschaftlich gegen digitale Kirchenorgeln („…vous savez, ce bidule que des abrutis ont installé à St. Pierre de Rome“) und diejenigen Kollegen, die sich ihrer öffentlich bedienen. Ich schließe mich dem Folgenden an:
Quand on enregistre et publie des vidéos du grand répertoire sur ces engins ou quand on fait des récitals sur ces horribles bidules, je dis que c’est une erreur monumentale. […] Je refuse de poser un seul doigt sur ces «Alien’s de l’orgue». Il faut aussi être ferme et avoir une position claire à ce sujet. Continuons à défendre le patrimoine extraordinaire des orgues à tuyaux, le travail génial de nos facteurs d’orgue, et saluons tous ceux qui s’engagent à faire vivre le «Roi des Instruments»!
Ab heute ist wieder Dreiband-Billard-Weltmeisterschaft für Nationalmannschaften in Viersen. Ich verfolge die WM schon seit Jahrzehnten, weit bevor ich wußte, einmal in Viersen zu arbeiten. Offensichtlich hatte der weitere Verbleib dieser WM in Viersen auf der Kippe gestanden, was ich sehr bedauert hätte. Mal sehen, inwieweit ich trotz Dienst hingehen kann - eine Dauerkarte habe ich jedenfalls.
Beim Blick auf die Webseite habe ich zunächst „Livestream“ geklickt und einen Moment lang gedacht, das Design der Webseite sei modernisiert worden, aber nein: die frühen Jahre des Internet grüßen mit ihrem ganz eigenen überkommenen Charme.
Es gab heute in St. Remigius ein Konzert mit der Mezzosopranistin Angela Froemer und dem Fagottisten Veit Scholz in der ungewöhnlichen Kombination mit Harmonium. Ein sehr angenehmer Kontakt.
Mich faszinierte der gleichermaßen kreative wie verantwortungsvolle Umgang mit Partituren. Und ich habe mich gefreut, nach langer Zeit Viktor Scholz wiederzusehen.
Heute fand der Werktag für Kirchenmusik 2018 in Aachen statt.
Einige Kolleginnen und Kollegen beklagten die zunehmende Auflösung von Vernetztheit untereinander. Das ist sicher zutreffend, allerdings beschränkte sich - mindestens in der Region - unsere Vernetztheit ohnehin auf nur wenige in dieser Hinsicht aktive Kollegen.
Nachmittags erledigte ich die letzten Vorbereitungen für das Konzert morgen.
Als Kontrapunkt zum mich umgebenden sinnfreien Karnevalstrallala höre ich Renaissancemusik: Josquin, Tallis, Isaac, Senfl, Musik der „prima pratica“. Aus heutiger Sicht geradezu minimalistisch reduziert, und überall Zusammenhang und Bedingtheit der Stimmen untereinander.
Gestern erreichte mich die E-Mail eines befreundeten Kollegen Lateinlehrers mit einer kritischen Anfrage in bezug auf den Titel dieses Konzerts: „Ad alta voce“. Da ist wohl in der lateinischen Grammatik etwas durcheinander geraten!?
Er hätte ja recht, wenn es latein wäre. Dann müsste nach dem „ad“ natürlich der Akkusativ kommen. Es ist aber italienisch.
„Alto“ heißt in diesem Kontext nicht nur „laut“, sondern sowohl „hoch“ als auch „tief“ - daher schien uns der Begriff passend für ein Konzert mit Sopran und Fagott.
Die Remigiuskirche wird zur Renovierung – anders als bisher geplant – doch in diesem Jahr schon geschlossen werden. Daher ist die geplante Konzertreihe im Wesentlichen obsolet: allein die Konzerte am 18. Februar (s.u.) und Palmsonntag werden wie geplant stattfinden können. Ich bin derzeit dabei, für die anderen Konzerte neue Termine zu finden und werde diese rechtzeitig mitteilen.
Gestern hat der Orgelbauer Martin Scholz ein Harmonium in die Kirche geschafft, auf dem ich am Sonntag nächste Woche zusammen mit Angela Froemer, Sopran, und Veit Scholz, Fagott, konzertieren werde. Nun … beim Üben auf dem Instrument erschließt sich mir gleichermaßen die Faszination, die dieses Instrument zur Entstehungs-und Blütezeit auf die Zeitgenossen ausübte, als auch die Gründe für den Untergang. Eine interessante Klanglichkeit, auch und gerade in der Kombination mit Fagott und Gesang bietet es in jedem Fall.
Die Ankündigung des Konzerts (Plakat) wurde von dem Magdeburger Barry Jordan trocken und nicht weniger augenzwinkernd mit „Ich liebe Purcells Musik für Harmonium sehr“ kommentiert, natürlich wissend, daß es diese gar nicht gibt. Er konnte nicht ahnen, daß ich bei diesem Konzert alle der alten Musik zuzurechnenden Stücke selbstverständlich mit der Klop-Truhenorgel und nicht mit dem Harmonium begleiten werde. Dennoch wird es – ganz ohne Werktreuemassaker – natürlich Stücke im Konzert geben, die ursprünglich nicht für Harmonium gedacht waren. Ich halte auch einen kreativen Umgang damit für möglich und sogar historisch legitimiert.
Relevanz von Musik ex negativo: Wohl jeder, der sich mit der Frage einer Ästhetik nach Auschwitz beschäftigt hat, wird bei der heutigen Bundestagsrede der Auschwitz-Überlebenden Anita Lasker-Wallfisch aufgehorcht haben: „Für viele war Musik in dieser Hölle eine absolute Beleidigung.“
Gestern war ich in Köln, und gegen meine Gewohnheit bin ich mit dem Zug gefahren: mir gefällt es bisweilen, nicht auf den Verkehr achten zu müssen. Zugfahrend versuche ich meist, zu lesen. Oft genug aber werde ich stattdessen zum Beobachter.
In dem Viererabteil rechts tuscheln zwei Frauen mit grell rot geschminkten Lippen ungeniert halblaut über die beiden Jugendlichen vor Ihnen, die offensichtlich Schwestern sind. Der älteren Schwester ist dies sichtlich unangenehm, sie wird sichtbar verlegen, ohne etwas gegen die unangenehme Situation unternehmen zu können. Vor mir betreibt eine Karnevalsgruppe auf der Heimfahrt bemerkenswert leise Konversation. Ihre knallbunten Hippiekostüme mit ebensolchen Stirnbändern stehen in krassem Gegensatz zu den geschmeidig vorgetragenen, durchaus sehr konservsativen Positionen, die sie diskutieren. Hinter mir versucht eine wohlmeinende osteuropäische Frau vergeblich, sich durch vorsichtiges Nachfragen und Hilfsangebot um einen ihr gegenüber sitzenden und vor sich hinschluchzenden weiblichen Teenager zu kümmern. Aber dieser schüttelt nur stumm den Kopf, so daß es bis zu seinem Aussteigen unklar bleibt, ob es sich um einen existentiellen Liebeskummer oder gar um etwas Ernstes handelt, das die Tränen verursacht.
Und dennoch, obgleich ich wissend Teil des Ganzen bin und sogar genau so empfinde, ist es bedrückend: das kalte Nebeneinander aller, das Vermeiden von Konversation, Inanspruchnahme oder Verwickeltsein.
Bei der Chorprobe gestern durfte ich gleich drei neue/interessierte Mitglieder begrüßen. Fein!
Ich bin derzeit dabei, das Membra Jesu Nostri-Konzert am Palmsonntag logistisch vorzubereiten. Das macht Spaß, weil sich eine hohe Qualität abzeichnet.
Der kommende Sonntag ist in der Liturgie der katholischen Kirche der „4. Sonntag im Jahreskreis“ mit dem Introitus Laetetur cor. Manches gehört für mich unabdingbar zum Jahresablauf wie Eis essen im Sommer; dieses Stück zu singen empfinde ich als ebenso essentiell.